Narva (Grenzübergang zu Iwangorod) und St. Petersburg

 

Es sind noch nicht ganz 14 Tage vergangen, dass ich den letzten Blogbeitrag geschrieben habe.  Da wir aber nicht 2,5 Jahre unterwegs sein werden, sondern nur ein paar Wochen und mein Gedächtnis auch nicht besser wird, erlaube ich mir schon heute unsere Erlebnisse aufzuschreiben.

Stellt euch einmal vor, ihr seid der festen Meinung, dass an einem bestimmten Datum etwas geschehen soll. Z.B. ein Grenzübergang. Tagelang richtet sich alles nach diesem fixen Tag aus: frische Lebensmittel werden nicht mehr nachgekauft (weil sie nicht mit über die Grenze genommen werden dürfen),  der Wagen gewaschen und geputzt (weil man nicht mit einem dreckigen Fahrzeug in ein anderes Land fährt…) und alle Papiere gesichtet und geordnet (damit man am Kontrollpunkt alles parat hat). Und dann schaut man überflüssigerweise noch einmal (zum 100. Mal) auf das Visum und stellt fest, dass man das Einreisedatum mit dem Ausreisedatum verwechselt hat: 17. und 19. Die Reihenfolge ist falsch! Es muss heißen: 19. und 17. So geschehen in Lettland am 16. Juli. Wir standen schon in Narwa, schön dicht am Kontrollpunkt, damit wir am nächsten Morgen schön früh da sein würden… und konnten uns nach einem neuen Stellplatz für die nächsten 2 Übernachtungen umsehen, denn ganz sicher hätten die russischen Grenzbeamten diesen Irrtum sofort bemerkt!

So hatten wir also Zeit und besuchten das einzige tätige russisch orthodoxe Nonnenkloster außerhalb Russlands: Kuremäe. Uns erwartete ein weiträumiges Gelände auf einem Hügel mit diversen Kirchen, Wohn- und Verwaltungsgebäuden, Andenkenlädchen und sehr geschäftigem Treiben. Es war Sonntag und wir sahen viele Russen ( im Norden Estlands besteht die Bevölkerung zu 85% aus Russen) mit hübsch herausgeputzten Kindern (weiße Schleifen oder Rosetten im ordentlich geflochtenen Haar), die aus einer Kirche herauskamen und sich anschließend im Gras oder auf Bänken niederließen um gemeinsam in großer Runde Mitgebrachtes Mittagessen zu verzehren. Ganz in der Nähe des Klosters befindet sich eine Quelle, die heiliges, gesundmachendes Wasser sprudelt. Diese Quelle wurde stark besucht und auch wir konnten es nicht lassen und haben uns eine große Flasche mit dem kostbaren aber kostenlosen Wasser abgefüllt (sicher ist sicher). Findige Geschäftsleute saßen am Straßenrand und verkauften leere Flaschen (gebrauchte aller Art). Ein unwiderstehlicher Duft zog uns zu einem Teil des Klosters, wo ein Fenster weit offen stand: hier gab es frisch gebackenes Brot! Oh, wie lecker! Kaum zurück im Auto genossen wir diese herrliche Backware nur mit Butter und ein wenig Salz – wunderbar!

Wir fuhren weiter bis zum Nordufer des Peipussees (Peipsi järv), konnten uns aber nicht so recht für einen Nachtplatz entscheiden. Die gesamte Küste ist naturbelassen, d.h. Bäume bis an die Sanddünen (kaum zu glauben, aber es gibt sie an diesem Binnensee), aber überall zwischen drinnen Datschen oder Grillplätze. Kein ruhiges Plätzchen für uns. Der Grenzfluss Narva ist das einzige Gewässer, das den Peipussee verlässt und in die Ostsee fließt. Wir haben uns sowohl den Beginn als auch die Mündung angesehen –  Zeit hatten wir genug…

Er kam dann aber doch noch; der Tag, an dem wir Estland verlassen und in Russland einreisen konnten. Ein merkwürdiges Prinzip haben sich die Esten ausgedacht, um Ausreisewillige zu registrieren: auf einem eigens dafür geschaffenen Großraumparkplatz mitten in der Stadt muss man sich anmelden und wird dann, nach erfolgreicher Überprüfung per Leuchtdisplay aufgerufen (indem sie die Autonummern aufleuchten lassen) zu einem Schalter zu kommen, wo man die notwendigen Papiere erhält. Wir mussten 4 Stunden warten (andere auch) bis endlich unser Nummernschild aufblinkte. Wieder einmal waren wir froh, dass wir alles dabei hatten: Toilette, Getränke und was zu Essen. Herrlich, so ein Heim auf Rädern!

Der Übergang nach Russland verlief dann vergleichsweise schnell und unkompliziert, nach ca. 2,5 Stunden (in denen wir aber etwas zu tun hatten: Formulare ausfüllen, wieder zerreißen, neu ausfüllen, ein Stückchen weiterfahren, Passkontrolle, Fahrzeugkontrolle mit Öffnen aller sichtbaren Türen etc. etc. ) konnten wir den Grenzübergang verlassen und fuhren Richtung St. Petersburg. Per Zufall sahen wir ein Schild mit einem großen P, einer Schranke und einem Wachhäuschen vor einem etwas herabgekommenen Firmenparkplatz am Außenrand der Stadt, machten dem verdutzten Pförtner per Zeichensprache unser Anliegen klar (es war inzwischen spät abends geworden) und durften uns für 200 Rubel (68 Rubel = 1 €) einer erholsamen bewachten Nachtruhe hingeben. Noch 2 Nächte wählten wir diesen Schlafplatz für uns, 2 weitere Nächte standen wir am Straßenrand einer etwas abgelegenen und wenig befahrenen Seitenstraße mitten im Zentrum. Das ist in Russland kein Problem und wir wurden auch in Ruhe gelassen, dennoch bevorzugen wir bewachte Plätze: hier trauen wir uns nachts die Seitenfenster geöffnet zu lassen, am Straßenrand lässt uns die Befürchtung, es könnte uns im Schlaf jemand an die Nase packen nicht recht zur Ruhe kommen.

Die Stadt erschlug uns fast: eine gewaltige Sehenswürdigkeit neben der anderen, imposant und geschichtsträchtig. Wir entschlossen uns das Fahrzeug stehen zu lassen und die Innenstadt per pedes zu erkunden. Wir liefen um die Eremitage, über den Schlossplatz den Newskij Prospekt ein Stück hinauf und auf der anderen Seite wieder hinunter, schossen hunderte Fotos und waren abends völlig erschlagen. So oder so ähnlich verbrachten wir die Tage in St. Petersburg. Es gibt so unendlich viel zu sehen in dieser kaiserlichen Metropole, dass wir uns entschlossen kein einziges Gebäude von innen zu besichtigen, sondern unser Augenmerk auf die Architektur, die schönen Parks und die Menschen zu lenken. Museen, Schlösser, Festungen oder Kirchen gibt es in so großer Zahl, dass 5 Tage bei Weitem nicht ausreichen, wollte man sie sich in aller Ausführlichkeit anschauen (Ausnahme: Peter+Paul Kathedrale und Festung). So begnügten wir uns mit einem ersten Eindruck dieser goldglänzenden früheren Hauptstadt Russlands, erholten uns in Straßencafés und bemitleideten unsere Füße… Anhand der Fotos ist zu erkennen, welche der vielen Gebäude wir gesehen und bestaunt haben…

Nun haben wir St. Petersburg (zwischenzeitlich Leningrad) verlassen und sind in Richtung Norden und Ladogasee gefahren. Unser Navi wollte uns partout die weitaus längere Strecke am Ostufer des größten Süßwassersees Europas entlang führen, Dank unseres russischen Straßenatlasses und den Hinweisen, die uns unser Reisebegleiter Valery , den wir seit unserer Heimreise vor einem Jahr kennen und in lockerem Kontakt zu ihm stehen, gab, wussten wir aber von der kürzeren Strecke entlang des Westufers. Und nun erholen wir uns von Großstadt und Straßenpflaster im Süden Kareliens, haben einen schönen Platz an einem Hotel in Sortavala (den uns auch Valery nannte, vielen Dank an dieser Stelle!) mit Blick auf den See und verbringen die nächsten Tage mit Wäschewaschen, Gemüseputzen und nachlesen, was uns die nächsten 1000km bringen werden. Übrigens: seit mehreren Tagen tragen wir fertig geschriebene und adressierte Ansichtskarten mit uns herum: es gibt keine Briefmarken! Jedenfalls sind keine zu bekommen und Postämter, noch auf unseren Atlanten  gekennzeichnet als solche, wurden aufgegeben. Sicherlich, irgendwo wird es noch Postämter geben, nur kennt sie niemand und bisher konnte uns kein Mensch erklären, wo wir die benötigten Marken herbekommen können. Nachteil dieses Internet- und Emailzeitalters. Aber wir bleiben dran!

So, und nun noch ein paar Fotos (dieses Mal sind es etwas mehr geworden…) und tschüss, bis zum nächsten Mal!

Abstecher ans Mittelmeer: Schlossgarten im Oru-Park, ToilaNachbildung des Kaffeepavillons im Oru-Park, Toila. Das Original wurde im 2. Weltkrieg von den Deutschen zerbombt...Mini-Hafen von ToilaBoote im kleinen Hafen von ToilaHafeneinfahrt von ToilaHermannfeste in Narva und Burg Iwangorod auf der russischen SeiteFestung Iwangorod, 1492 von Iwan III erbaut, die Narva ist heute der Grenzfluss zwischen Estland und Russlanddie Narva, Grenzfluss zw. Estland und RusslandSandstrand westlich von Narva mit der Möglichkeit ein Feuer zu machenJunggesellinnenabschied auf estnischdie heilige Quelle am russ. orth. Kloster Kuremäeeinziges tätiges russ. orth. Nonnenkloster in Estland, Kuremäedas Fenster zur Backstube steht weit offen: hier kaufen wir frisches, noch warmes Klosterbrot. Lecker!Reiner sägt mit unserem kleinen Fuchsschwanz den Weg freiblühende WiesenSandstrand am Nordufer des Peipsi JärvGrasdünen am Nordufer des Peipsi Järvgelbes Haus in Vasknarva, wo die Narva aus dem Peipsi Järv "entspringt"orangene Post in Estland, ein Postkasten für 5 Familienzwischen den Häusern der Grenzfluß NarvaGrenzfluß NarvaPeterhof, 30km westl. von St. Petersburg gelegene Schlossanlage, 275m lang, von Peter dem Großen 1704 erbaut1 von insgesamt 150 Fontänen. Der Peterhof ist berühmt für seine vielen Fontänen, die allesamt aus einer nahegelegenen Quelle gespeist werden und nur durch den Wasserdruck sprudelnHand aufs Herz: für Geld....Goldmarie im FunkienbeetZipfelmützenmannVogelvoliere für Sommervögel...Verkehr auf der NewaPortraitzeichnungen für die TourisSchlossplatz mit Hauptquartier des Generalstabs6-spänniger Siegeswagen über dem Triumpfbogen (Sieg über Napoleon) am Hauptquartier d. GeneralstabsAnimateurin vor einem WachsfigurenkabinettAdmiralität mit ihrer goldenen Nadel über den ionischen Säulen samt dem goldenen Segelschiff als Wetterfahne ist eines der Wahrzeichen der Stadtder amerikan. Nähmaschinenfabrikant Singer ließ Anfang d. 20. Jahrhunderts dieses Haus bauen, heute Haus des BuchesGroßer Kaufhof (Bolschoj Gostinij Dwor), Handelshof aus der ZarenzeitSouvenirsAltstadt, Rundgang um die Kirche "Auf-dem-Blute"Christi-Auferstehungskirche "Auf dem Blute" (zur Erinnerung an ein Zarenattentat 1881)Mutter-Gottes-von Kazan-KathedraleVenedig des NordensAltstadt mit Tor zum SchlossplatzEremitage mit Schlossplatz und Alexander-SäuleGrandes Dames mit TurnschuhenEremitage an der Newaunser Übernachtungsplatz in St. Petersburg. Es gibt einen Wächter und ein Dixisklo....und kostet /Nacht 200 R (= knapp 3 €)Allee zum 300m langen Katherinenpalast im barocken Stil in Puschkin, früher Zarskoje Selo,Ähnlichkeiten sind rein zufällig...der barocke, 300m lange Katherinenpalast aus dem Jahr 1752 in Puschkinhöfische Figuren in BronzeKatherinenpalast, 300m lang im barocken Stil 1752 erbaut, im 2. Weltkrieg völlig zerstört, legendäres BernsteinzimmerKatherinenpalast mit WarteschlangeFlötist im Parkganze Stadtviertel entstehen neudas erste Wohnmobil in Russland ist ein rollendes KirchenmobilAlexander-Newskij-KlosterPanzerkreuzer Aurora (als Symbol der Oktoberrevolution) ist ein Kriegsschiff der ehemaligen Kaiserlich Russischen Marine und liegt seit 1956 als Museumsschiff in Sankt Petersburg.Gallionsfigur als DreimasterKinder Wackelspielzeug, umweltfreundlich, da ohne Batterien...Peter + Paul Kathedrale, Grablege der Zarenfamilie Romanow, im Vordergrund die Katherinenkapelle, in der 1998 die Familienmitglieder des Zaren Nikolaus II beigesetzt wurdenPeter der Große, modernes Denkmal von 1991Särge der kaiserlichen Familie in Marmor, grau-grünem Jaspis und dunkelrotem Quarzim Inneren der Peter+Paul KathedraleZellengang im Festungsgefängnisua wurde hier auch Maxim Gorkij gefangen gehalten (Zellen heute hell und freundlich restauriert)Blick von der P+P Festung auf Dreifaltigkeitsbrücke und AltstadtMetschet Moschee, nach einem Vorbild in Samarkandhier rattern noch die alten Wagen der StadtbahnWasser, Wasser, Wasser in KarelienPanzer zur Besichtigung und zum Beklettern an einem RastplatzNordspitze des Ladogasees, Sortavala, Hotel Piipun Piha, kleiner Yachthafenes kommt uns schwedisch vor

9 Gedanken zu „Narva (Grenzübergang zu Iwangorod) und St. Petersburg

  1. …. ich freue mich schon wieder auf den nächsten Bericht und die wunderschönen Fotos …. ich genieße es.

  2. Hi ihr Lieben,
    haben erst heute von Syri erfahren, dass ihr wieder bloggt, und sind über die launigen, lustigen, aufschlussreichen Texte und bunten Bildern euren Spuren gefolgt. Kasan, wo Ilja Nikolaijewitsch Uljanow studierte und sein Vater u.a. Schulrat war -Lenin natürlich- und ihr wart in Riga!!! Dort gibt es noch eine „Peutowsche Straße“ aus dem 17. Jahrhundert, benannt nach einer Familie Peutow- „Iela Putechowa“ oder so..Ihr seid echt zu beneiden, aber wir freuen uns riesig mit euch, dass ihr diesen zweiten Törn hin zu den Nordlichtern unternehmt. Bleibt weiterhin auf Deck und genießt euer Glück in vollen Zügen. Wir drücken euch ganz fest. Eure Moories

    • Auweia, da seid ihr aber weit zurückmarschiert! Kazan ist schon eine ganze Weile her. Vielleicht hätten wir einen neuen blog beginnen sollen und nicht den alten fortführen… egal! Wir freuen uns über euren Kommentar! Und ja, wenn ich es mir recht überlege klingt Peutoff ziemlich russisch und es gibt bestimmt in jeder größeren Stadt eine Uliza Peutoff, vllt. sogar einen Prospekt…Viele Grüße an euch 4!

  3. Hi Ihr Zwei,
    von unserer Radtour zurück, mussten wir erst mal alles nachlesen, was Ihr so erlebt habt. Toll, wieder mit Euch auf Reisen zu gehen… Passt auf Euch auf und kommt gesund zurück!
    Liebste Grüße,
    Doro & Hanni

    • Hi ihr zwei, freut uns sehr euch mit „an Bord“ zu haben. Habt ihr eure Tour gut überstanden? Hatten heute unseren ersten Platten 🙁 . Sind schon auf der Kola-Halbinsel, dem schlechten Wetter davongefahren. Haben aber am Samstag einen Termin in Kem. Dann geht’s wieder gen Süden. Alles Weitere später… Dicken Knutscher

  4. haha, Sprotten in den Potten, das war alles! Noch hatten wir gar keine echte Gelegenheit zum Angeln: mit unserem Dicken kommen wir nicht an die schönen Gewässer heran, außerdem wissen wir gar nicht, wo die Zander stehen (oder schwimmen?)
    Gehts es euch auch gut?
    LG!

  5. Was ich noch vergessen habe, wie haben denn die Zander geschmeckt?
    Oder waren es große Hechte???
    Aber weiter „Petri Heil“
    ich

  6. Hallo ihr lieben,
    wie immer warten wir auf einen neuen Bericht von eurer Tour und sind jedes mal überrascht was Ihr so alles seht und erlebt. Für Brigitte wäre es auch ganz toll, aber ich würde ja einen Kulturschock hoch³ bekommen.
    Aber wir wünschen euch noch viele tolle Tage und Kultur, Eindrücke ohne Ende.
    Bleibt gesund und kommt heil wieder in die Heimat.
    Brigitte und ich

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