Travemünde, Liepaja (Lettland) und Fahrt durch Estlands Osten

Wieder auf gewohntem Platz sitzend versuche ich meine Gedanken, Eindrücke und Erlebnisse “auf Papier” zu bringen.

Es ist anders.

Obwohl wir im selben Fahrzeug wohnen, die gleichen Handgriffe tätigen, (beim täglichen Abwasch z.B. oder Bettenbauen, all abendlich nach dem Auffinden eines geeigneten Stellplatzes die Stühle herausstellen um zu markieren: hier wohnen wir usw. usw. usw.) fühlt es sich ganz anders an, als vor einem Jahr. Damals war das Wohnmobil unser Zuhause, uns war es ziemlich wurscht, wo auf dieser Welt wir uns gerade befinden: wir haben jede Minute und jeden Landstrich genossen, waren mit Haut und Seele on the road.

Jetzt, nachdem wir unser neues Heim schon recht hübsch hergerichtet haben und wir wieder sesshaft geworden sind, machen wir Urlaub. Einen – zugegebenermaßen  – langen Urlaub, aber eben keine Reise um die halbe Welt mit ziemlichem open end.

Das bedeutet aber nicht, dass wir uns nicht wohlfühlen! Uns geht es prima. Wir freuen uns über jeden Tag, den wir gesund und munter erleben und sind von der Schönheit dieser Erde genauso fasziniert wie während der großen Reise.

Aber nun zu unseren Erlebnissen:

die Visa waren da! Grundvoraussetzung für die Weiterfahrt ab Hamburg! Den Terminal in Travemünde erreichten wir auch überpünktlich und konnten eine ganze Weile zuschauen, wie unsere Fähre, URD von der Stena-Line, mit unglaublich vielen Autotransportern beladen wurde (jeder Transporter war mit 8-9 Autos beladen, wir zählten mindestens 15 Stück davon) . Alles Gebrauchtfahrzeuge, die nach Lettland verschifft wurden um dort in Riga sofort an den Mann (oder Frau) gebracht zu werden (wie uns ein Einheimischer erzählte). Dann noch etliche Lastwagen mit Anhänger und einige Wohnmobile oder  PKWs. Insgeheim hab ich wirklich gehofft, dass wir allesamt nicht zu schwer sind, denn die See war rau, stürmisch mit – für die Ostsee ungewöhnlich – hohen Wellen. Sicherheitshalber hatte ich mich mit “Antiseekrankheittabletten” versorgt, benötigte sie aber nicht.

Bei der Buchung der Fähre war es uns per Internet nicht möglich auch eine Kabine dazu zu reservieren,  so waren wir also mit 2 Liegesessel zufrieden. Die erste Anlaufstelle an Bord war  der sogenannte Ruheraum. Aufgebaut wie in einem Flugzeug, dicht an dicht,  hätten wir eingeengt auf uralt Möbeln, die nichts mit einem Liegesessel  gemein hatten, 30 Stunden zubringen sollen. Das gefiel uns beiden nicht und Reiner verließ die Rezeption nicht eher, als bis wir die Schlüssel für eine wunderbare Kabine, sogar außen gelegen mit Fenster, ergattert hatten. Zufrieden nahmen wir unsere Mahlzeiten, 3 Stück per Tag, alle im Preis inbegriffen, ein und überlebten heil und unversehrt diese wirklich schaukelige und rumpelige Überfahrt.

Nach schon erwähnten 30 Std. auf dem Meer erreichten wir Lettland/Liepaja nachts um 1.oo Uhr. An diesem Abend hatten wir nur ein wenig geruht, nicht geschlafen, so dass wir den erst besten Parkplatz direkt am Fährhafen für die anstehende Nachtruhe nutzten. Erst am nächsten Morgen fiel mir auf, dass mein Handy nicht mehr da war. Natürlich haben wir alles abgesucht, ohne Erfolg. Der Hammer! Den Tränen nahe, ging ich in das Hafengebäude, Hafenbüro oder was immer es war und bat darum, noch einmal auf die URD gehen zu dürfen um dort weiter zu suchen. Aber keine Chance. Das Schiff lag zwar noch am gleichen Platz wie am Vorabend aber für mich nicht mehr zugänglich. Dafür bekam ich eine Telefonnummer. Nun bin ich zwar gut im Reden, aber wenn es um lettisches Bordpersonal geht passe ich lieber und gab deshalb die Telefonverantwortung an meinen lieben Mann ab. Irgendwie hat er dem anderen Ende der Leitung klarmachen können, worum es ging und bekam die Antwort, er solle warten. Entweder bekäme er eine Nachricht per SMS oder nicht…… Nach gefühlten Stunden der Warterei dann die erlösende Nachricht: phone on board! Schnell bin ich mit dieser Nachricht wieder in das Bürogebäude gelaufen und bat jemanden um Hilfe. Dieser freundliche Mensch ging tatsächlich für mich auf das Schiff und übergab mir mit einem Grinsen im Gesicht mein Telefon. Überaus dankbar wollte ich ihm eine Tafel Schokolade und einen 10 €-Schein  in die Hand drücken, lachend winkte er ab und sagte irgendwas auf lettisch, was für mich so klang wie: passen Sie nächstes Mal besser auf…

Juchu! Alles wieder im Lot. Der halbe Tag war hin und so schauten wir uns für den Rest des Tages die Stadt Liepaja an. Ua. die Hlg. Dreifaltigkeitskirche mit einer der gewaltigsten Orgeln der Welt! An der Spendenbox angekommen, zückte ich meinen 10 €-Schein, der von dem netten Hafenbürogebäudemenschen so dankend abgelehnt worden war und drückte ihn in den Schlitz hinein. Dabei hatte ich ein wirklich gutes Gefühl!

Quer durch Lettland in Richtung estnische Grenze ging die Fahrt weiter, wobei wir immer mal wieder Stopps einlegten um uns kleinere und größere Orte anzusehen, die auf Prospekten auf dem Schiff empfohlen worden waren.

Das Wetter war und blieb mies. Wenig trockene Phasen und als wir an den Abzweig nach Riga kamen goss es in Strömen. Eigentlich hatten wir vor uns die lettische Hauptstadt noch einmal anzusehen, 5 Jahre zuvor bekamen wir einen ersten und guten Eindruck von dieser interessanten baltischen Hansestadt. Aber das schlechte Wetter vermieste uns die Laune und so fuhren wir schnurstracks nach Estland weiter. Erster Halt: Räpina, früher Rappin (deutsch). Das ist der Ort, wo mein Vater (natürlich auch der Vater meiner Geschwister; also unser…) aufgewachsen ist und wo mein (unser) Großvater als Pastor tätig war. Schon damals vor 5 Jahren besuchten Reiner und ich “seine”  Kirche, intensiv, dieses Mal genügten ein paar Stunden zum Fotografieren des Gotteshauses, des Geburtshauses (Pastorat) und des Kusstempels im gegenüberliegenden Park auf der anderen Seite des Sees. Mit diesem Tempel hat es eine Bewandtnis, die ich heute gern erzähle: in unserem Wohnzimmer in meinem Heimatort Grömitz hing ein Gemälde mit eben diesem Tempel, gemalt von der Schwester meines (unseres) Vaters. Mit diesem “alten Schinken” bin ich (sind wir) groß geworden und per Zufall habe ich dieses Motiv bei der Durchfahrt von Räpina aus dem Augenwinkel heraus entdeckt. Meine (unsere) Tante muss also damals am Ufer des kleinen Sees gesessen und mit echtem Talent den Kusstempel für die Nachwelt festgehalten haben. (Leider existiert dieses Bild heute nicht mehr, es hätte inzwischen einen hochgeschätzten Wert für mich).

Das Wetter besserte sich, der Himmel wurde blauer und wir hatten noch ein paar Tage Zeit um an der Küste Estlands auf einem Campingplatz Station zu machen. Die Einreise nach Russland wird erst am 17.7. sein und so stehen wir noch heute hier, genießen das freie Internet, die Annehmlichkeiten einer warmen Dusche und das Sammeln von in Sandstein gefangenen Fossilien. Hier oben, ganz im Nord-Osten des Landes ist der “Strand” voll mit Sandstein-Bruchstücken und bei genauerem Hinsehen kann man das eine oder andere interessante Stück finden. Auch für meine tägliche sportliche Betätigung ist gesorgt: der Campingplatz liegt hoch oben auf einer unglaublich hohen Steilküste und ich muss jedes Mal 376 (!!) Stufen hinunter und wieder herauf steigen, um an die wertvollen Stücke zu gelangen. Reiner zieht es vor, home work zu betreiben….

So, meine Lieben zu Hause, es hat mir wieder Freude gemacht zu berichten und ich bin gespannt, wie, wo und wann ich in Russland wieder die Möglichkeit haben werde, weiter von der Reise und unseren Erlebnissen zu berichten.

Und nun – wie immer – ein paar Fotos:

(ps. stelle gerade fest, dass der blaue Himmel auf den meisten Fotos nicht mit dem Text oben übereinstimmt. Natürlich gab es auch schöne Momente und nur in denen habe ich fotografiert! Im Regen sieht alles grau aus)

Travemünde mit Hotel MaritimUnsere Stenaline-Fähre URD, auf dem Weg nach Liepaja/LettlandHlg. Dreifaltigkeitskirche, Liepaja. Barocke Kirche wurde für die dt. Gemeinde 1742 erbaut und beherbergt mit mehr als 7000 Pfeifen eine der größten Orgeln der Welt!Kleine Gasse in Liepaja/LettlandStrand nördl. von Liepaja/LettlandBlick von unserem Wagen auf die Hafeneinfahrt von Pavilosta/LettlandBlick von unserem Wagen auf die Hafeneinfahrt von Pavilosta/LettlandBernsteinfunde, vergrößertZwischenstopp in der Hansestadt Kuldiga/LettlandMarktplatz von Kuldigaalte Tracht der LettenKanal-Café in Kuldigabunte Blumen vor grauem Mauerwerk, Kuldiga"Ventas Rumba", Europas breitester Wasserfall (nur 2m hoch). Im Frühjahr und Herbst fliegen hier die Lachse flußaufwärts...Zwischenstopp in der Hansestadt Kuldigaalte Ziegelgewölbebrücke über die Venta, Kuldigaaltes Haus in KuldigaGroßvater Schulzes Kirche in Räpina/EstlandKusstempel gegenüber vom Pfarrhaus, Räpina/EstlandLeuchtturm von Mehikoorma, Peipsi järv (Peipussee)Lilien vor der Scheune, Peipsi järv (Peipussee), Mehikoorma, ÜbernachtungsplatzGummistiefelbaum (unterwegs gesehen)flaches Land, gute Böden, viele StörcheRakvere im Norden EstlandsRakvere, Castle of TarvanpeaGutshof Palmse, ehem. Besitz der Familie von Pahlen, jetzt MuseumKaffeepause im Café auf dem Gutsgelände Palmse2 Kaffee à 2,90 €, Miniküchlein für 5,90€. Stolze PreiseFindlinge in der Ostseeder Waldboden ist übersät mit Flechten und Moosenschmucke Holzhäuser im Fischerdörfchen Altjadie letzte Eiszeit ist hier erst vor 10000 Jahren zu Ende gewesen. Es finden sich riesige Findlinge überall.Spaziergang um Altja auf gut ausgebauten Wegen und Stegen (hier eine Hängebrücke)nicht der Wasserfall ist das Interessante sondern die verschiedenfarbigen AblagerungenSteilküste 50km vor Narwa: 376 Stufen runter und wieder rauf"Strand" bei Toila, kurz vor Narwa/Estland,man muss nur genau hinschauen, dann kann man einiges finden...in Sandstein verewigt: Ammoniten und ???

11 Gedanken zu „Travemünde, Liepaja (Lettland) und Fahrt durch Estlands Osten

  1. Отличного отдыха!Ярких впечатлении!!!

  2. Желаем посетить много интересных мест!Мы мысленно с вами!

    • Vielen Dank! Im nächsten Beitrag zeigen wir viele Bilder von St. Petersburg und Umgebung! Es ist wunderbar hier!!!

      Elena und Alexander sagen:
      Ein toller Urlaub! Lebhafte Eindrücke !!!
      Wir wünschen viele interessante Orte zu besuchen! Unsere Gedanken sind mit Ihnen!

      Lieben Gruß!
      Christiane und Reiner

  3. Hallo,
    seit Ihr zur Zeit nicht online. Schaut mal die E-Mails an.
    Die Waller

    • Dear christiane… wow it was awesome..we like this all pics. Very nice

    • jawoll! Wir haben die kleine Kinderangel mit, damit wird es bestimmt klappen!

  4. Ich genieße – wieder mal – diese unterhaltsamen Berichte mit den wunderschönen Fotos und freue mich auf alles weitere …..

    Gute Fahrt weiterhin!

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