Der hohe Norden–Cape Reinga

Heute haben wir einen “PC-Tag” eingelegt: wir buchten auf einem Campingplatz 2 Nächte und bekamen zu unserer Überraschung die 3. Nacht gratis dazu. Da wir gestern einen “Fahrtag” hatten, wir sind rauf an die nördlichste Spitze Neuseelands – Cape Reinga – gefahren, sitzen wir nun gemütlich beisammen, jeder tippt was das Zeug hält auf seiner Tastatur herum und macht GANZ WICHTIGE SACHEN. Zum Glück, bzw. zur Streitvermeidung haben wir uns vor ein paar Tagen einen gebrauchten 2. PC (mit englischer Tastatur) gekauft, der uns von “unserem” Computerladen empfohlen worden ist. Wir werden ja sehen…

Wie geplant konnten wir unseren Wagen am 23.11. aus dem Zollgelände herausholen, d.h. er wurde uns herausgebracht (wir durften das Gebiet natürlich nicht betreten).  Auf den ersten Blick sah alles aus wie zuvor. Er war sauber, roch ein wenig abgestanden (kein Wunder, nach 3 Wochen bei geschlossenen Türen und Fenstern unter Deck) und scheinbar war auch alles komplett vorhanden: wir durften ja – zu unserer großen Freude – alles, was zum Fahrzeug gehört und zur Küchenausrüstung, im Wagen lassen. Schon ziemlich bald stellte ich fest, dass aus dem Besteckschubfach unsere 3 scharfen, großen Messer fehlten. Keines mehr da. Nach genauerem Hinsehen fehlten dann auch noch mein heißgeliebtes Kartoffelschälmesser (?), ein paar Geschirrhandtücher, ein elektrischer Wasserkocher (schön klein und handlich, prima für die Campingküche…) und unser gläserner Schutzengel, den wir vorne im Fahrerhaus am Spiegel an einem Lederband hängen hatten. Einfach abgeschnitten. Die Reste des Lederbandes hängen noch! Sch…kerle!

Nachdem ich einen halben Tag die Verluste, besonders über den Engel, bejammerte, beschlossen wir, dass die Messer den Dieb kennzeichnen (sind hier im Maoriland = Tätowierungen!!!), dem Wasserkocher die Heizschlange durchbrennen und der Engel zum Racheengel mutieren würden. Einen Ersatzengel wollen wir nicht: wir werden auch ohne sichtbaren Hinweis auf Existenz beschützt! Außerdem ist da ja noch Freddy…(das ist jetzt nur was für Insider, sorry).

Nachdem wir unseren Wagen wieder hatten, suchten wir einen Spezialisten für Wohnmobil-Elektrik auf. Er baute uns eine neuseeländische Steckdose ein, legte 2 von unseren tot und übersah 2 weitere, die wir jetzt immer noch mit unseren heimischen Steckern benutzen können. Angeblich dürfen die Fahrzeuge hier ausschließlich hiesige Steckdosen haben. Aufgesucht haben wir diesen Fachmann, weil wir Probleme mit der Stromversorgung hatten. Ua. funktionierte die Klimaanlage nicht und die Steckdosen waren auch alle tot. Es genügten 3 Blicke und der Schaden war behoben! Eine Sicherung! Zu unserer Ehrenrettung sei aber gesagt, dass diese total versteckt und nicht etwa auch nur in der Nähe eines Sicherungskasten liegt und in keinem Buch beschrieben steht und auch nicht bei mehrmaliger Korrespondenz mit dem Wohnmobilverkäufer in Norddeutschland erwähnt wurde. Egal, nun ist alles wieder gut und wir sind 600 NZD los.

Es gibt eine einzige “Toll-road” in ganz NZ. Ein kleines Stück auf der 1 Richtung Norden wird per Kameras überwacht und jedes Nummernschild erfasst, dass sich nicht vorher an einer Tankstelle oder einem der Automaten an den Rastplätzen “freigekauft” hat. An der Tankstelle werden keine ausländischen Visakarten angenommen (auch hier sind ausschließlich Automaten zuständig) und  an den “freistehenden”  Automaten (wie übrigens auch im Internet, eine 3. Möglichkeit der Bezahlung) kann man kein deutsches Nummernschild eingeben. Es geht hierbei um 2.20 NZD! Aber als ordnungsgewohnte  Menschen sorgten wir uns (vielleicht lassen sie uns nicht aus dem Land, vielleicht kommt eine um ein Vielfaches höhere Rechnung nach Hause…) und gingen zu einer VTNZ-Stelle = Vehicle-Testing-New-Zealand. Das ist mit unserer Anmeldestelle mit gleichzeitigem TÜF zu vergleichen. 2 Tage hat es gedauert, bis alle Formalitäten erledigt, unser Auto auf Herz und Nieren gecheckt und wir die Fahrerlaubnis bekommen haben. Nun sind wir mit diversen Aufklebern auf der Frontscheibe geziert; haben wieder über 100 NZD bezahlt, nur unsere 2,20 NZD sind wir immer noch nicht losgeworden…

Morgen nun werden wir wieder in Richtung Auckland fahren um unsere “persönlichen Dinge” abzuholen. Sind sehr gespannt…

Auf dem Weg nach Norden durchfuhren wir Kawakawa. Lt. Reiseführer der Wahlwohnsitz Friedensreich Hundertwassers. Er soll bis zu seinem Tod 2000 seit den 70-igern hier gelebt und gearbeitet  und 1986 die neuseeländische Staatsangehörigkeit angenommen haben. Die Hauptstraße des Ortes ist reichlich mit seinen Werken geschmückt: ua. hat er die öffentlichen Toiletten in seiner unverkennbaren Art gestaltet, was den Tourismus sehr fördert. Wir fühlten uns ein wenig nach Uelzen versetzt…

Ein paar Kilometer vor Kawakawa ließ uns eine Hinweistafel auf eine Glühwürmchenhöhle von der Hauptstraße abbiegen – die Kawiti Glowworm-Cave – eine sehenswerte Tropfsteinhöhle, in der Millionen von Glühwürmchen leben und ihre beleuchteten “Angeln” aushängen lassen um ihre Nahrung (Motten etc.) anzulocken. Kleines Bonbon am Rande: in dem Höhlengewässer lebt ein ca. 2m langer Aal, der von dem Guide angefüttert wurde und jetzt auf Kommando angeschwommen kommt.

Wir besuchten ein “battlefield”, heutzutage ein kleiner Park mit vielen Beschreibungen, auf dessen Hügel sich ein Maoridorf befunden haben soll, das von der britischen Armada angegriffen wurde. Die Ureinwohner (leben seit ca. 1000 Jahren auf dieser Insel) waren aber vorbereitet und besaßen schon 3 kleine Kanonen , so dass der Kampf wohl relativ unentschieden ausging – jedenfalls dieser. Wie die Historie weitergeht wissen wir ja alle…

Früher wuchsen hier im Norden die riesigen Kauribäume, die 2000 Jahre alt werden können – so man sie wachsen lässt. Einige der Prachtexemplare, die zu den größten Bäumen der Erde zählen, stehen noch und werden auf besondere Weise geschützt. Vor Betreten des Waldgebietes muss jeder Gast seine Schuhe desinfizieren und es darf ausschließlich auf den vorgegebenen Wegen gegangen werden. Wir besuchten eine Kauri-Digger-Stelle: hier wurden Ende des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts die Wurzeln der Kauris ausgebuddelt – manchmal bis zu 8m tief! – um das begehrte Gum (versteinertes Harz – ähnlich unserem Bernstein)zu bergen. Ein kleines Museumsdorf lässt erahnen, unter welch schwierigen Bedingungen die Digger arbeiten mussten. Bei diesen Grabungen stieß man auf Kauristämme, die durch das Moor konserviert wurden, die über 45.ooo Jahre alt sind – und noch immer Holz! Sogar die Borke ist noch stellenweise zu erkennen. Was ist ein Menschenleben dagegen?

Ca. 20% der Bevölkerung stellen die Maoris bzw. Zuwanderer aus anderen Südseeinseln. Neben Engländern, Iren und Schotten sind aber auch ein Großteil deutscher Herkunft (ca. 400.000 bis 500.000!) und  Kroaten aus Dalmatien, die bereits im 19. Jahrhundert die Kauriwälder rodeten und den neuseeländischen Weinanbau auf kommerzielle Füße stellten und in den Städten sieht man viele Menschen indischer bzw. chinesischer Herkunft.

Bei der Fahrt durch die grüne, hügelige, mit zahllosen Schafen und Rindern bevölkerten Landschaft denken wir an Irland oder Schottland, nur dass das Klima hier weit aus angenehmer ist! Die Temperaturen steigen tagsüber auf 22-25 ° und nachts kühlt es sich moderat ab – was unserem Schlaf  gut bekommt.

An der nördlichsten Spitze – Cape Reinga- (die nicht wirklich die allernördlichste ist!) war ein schöner langer Spaziergang angesagt. Eine wunderbare Gegend, heilig für die Maoris. Der Überlieferung nach wandern die Seelen der Verstorbenen gen Norden wo sie in die Unterwelt (reinga) steigen, indem sie an  einer Wurzel entlang ins Meer rutschen. Sie verlassen das Meer wieder, klettern auf die höchste Spitze der “Three Kings Islands”, werfen einen Blick zurück auf Aotearoa und wandern dann in das Land ihrer Vorfahren: Hawaiiki A Nui.

Wieder auf der Rückreise machten wir Halt an den Te Paki Sand Dunes. Riesige Sanddünen, durch ständigen Wind immer in Bewegung, luden sie ein zum Sandrodeln – nicht uns, uns war es zuviel Sand…Hier beginnt die legendäre 90-miles-beach, die noch nicht einmal 90 Kilometer lang ist. Bekannt weil sie bei Ebbe mit Allradfahrzeugen meilenweit befahren werden kann.

Wenn wir auf den Kalender blicken, wissen wir, dass zu Hause die Adventszeit beginnt, Schmuddelwetter, Kaminfeuer, Tannenduft, Zimtsterne und Glühwein. Unter “normalen” Umständen wäre ich jetzt am Herbeisuchen der Weihnachtsdekorationen vom Vorjahr, würde auf Neuheiten in den Schaufenstern hereinfallen und wieder einmal das Schönste und Nie-Dagewesene erwerben um unser Heim in die richtige Stimmung zu versetzen.  Das fällt in diesem Jahr aus! Wir haben uns für 15 NZD einen total hässlichen Plastikbaum à la Nordmanntanne geleistet, der zum Heiligen Abend mit allerlei Gefundenem behängt werden soll. In unserer Schatzkiste befinden sich schon Muscheln, Schneckenhäuser, bunte Bänder etc. Dieses Bäumchen wird sich bestimmt ganz prima in unserem Vorzelt machen. Und stellt keine Waldbrandgefahr dar!

Aber noch müssen wir fleißig sammeln.

So, meine Lieben, für heute genug berichtet, anschließend noch ein paar Fotos:

Eingang Maori GemeinschaftssaalMt. Eden, AucklandWandmalerei, AucklandSaturday-Market in MatakanaSaturday-Market in Matakanaim Kauriwaldkleine Kirche nördl. Aucklandsschöner Rastplatz nördl. AucklandsNew Zealand Pigeon, endemischmit Austernfischern bemaltes Toil.hausThese are our fellows...Campingplatz UretitiBaumfarne von obenWald Wegrot blühender BaumEingangstor Ruapekapeka PaRuapekapeka Pa, EingangsbogenRuapekapeka Pa, Schlachtfeld Maoris/BritenRankepflanzeGlühwürmchen-HöhleHundertwasser -Haus in Kawakawaendemischer Austernfischer, gefährdetam Lake TaharoaKiwi-ZoneFächerschwanzvor WhangareiHitchcock-KrabbeSchopfwachtelKrebs in Schneckenhausnette TÜF-Menschenim Moor konserv. Stamm, 45.000 J. alt18029 km bis LondonCape ReingaCape ReingaTe Paki Sand DunesLandschaft unterwegs nach Cape Reinga

15 Gedanken zu „Der hohe Norden–Cape Reinga

  1. Ein adventliches Hallo nach NS,wir haben eben Euren letzten Bericht gelesen und die tollen Bilder angeschaut,ist heute totales Kontrastprogramm zum Norddeutschen Schmuddelwetter.Schön,dass Ihr nun wieder mit Eurer „rollenden Heimat „unterwegs sein könnt und dass auch diese Episode Eures Abenteuers letztendlich gut ausgegangen ist.Hier läuft überall der Endspurt für Weihnachten und eigentlich wollten wir heute mal zum Weihnachtsmarkt und den Glühwein probieren.Aber das Wetter lässt uns zu Hause am Ofen bleiben.Würde gern mit Euch wettermässig tauschen….Trinken aber demnächst für Euch auch mal einen Glühwein.Wir wünschen Euch weiterhin eine gute Zeit,allzeit einen Schutzengel bei Euch und immer gute Fahrt.Herzliche Grüße aus Winsen. Gudrun und Harry

    • toll, nehmen Gluehwein und Schutzengelwuensche gerne an!
      Euch auch alles Gute und schoen, dass ihr immer mitreist!

  2. Hallo nach NS,

    gestern hatten wir von der BI unsere Adventsfeier und haben an Euch gedacht.
    Es war wie immer sehr schön, aber Ihr habt gefehlt. Wir hoffen das wir die nächste Feier wieder mit Euch zusammen feiern können. Wir bleiben am Ball und werden weiter in Eurem Sinne kämpfen. Das DGH ist im Rohbau fertig und es wird fleißig weiter gemacht. Werde bald wieder Bilder schicken. Wir hoffen Ihr seit gesund und munter seit und Reiner verliert seinen Bikini nicht in den Fluten. Macht weiter so und schickt bald wieder einen Bericht und die tollen Bilder.
    Brigitte u. Heinz

    • auch Hallooo nach NS (Niedersachsen)!
      Ist immer wieder spannend von der Heimat zu hoeren! Danke fuer die Berichte. Lieben Gruss und alles Gute !

  3. Hallo, Ihr Lieben,
    Euch die herzlichsten Grüße ins sommerlich warme NZ! Heute eure Post erhalten, 1000 Dank! Unsere Gedanken sind soooo oft bei Euch, wir bewundern immer wieder Euren Mut und Unternehmungsgeist! Seid weiter so fleißig mit den Berichten und Fotos, auf die wir uns immerzu so freuen und dadurch wenigstens etwas miterleben. (Übrigens: Auch ein Weihnachtsplastikbaum kann brennen! Und statt frierend durch den Schnee zu stapfen kann Baden im Pazifik auch was ganz Tolles sein! Zum Bikini paßt auch besten eine Nikolausmütze!) Eure Lisa u. Gerhard

    • ok, werde Reiner einen Bikini anziehen lassen, Nikomütze auf und ab in die Fluten… 🙂
      Post: war uns ein Bedürfnis!!!

  4. Staune immer wieder über eure fundierte Kenntnisse fremder Völker und die korrekten Gattungsnamen der Tiere „Schopfwachtel“ Ich kenne nur Spinatwachtel. Ihr habt schon Dusel mit dem Klima – immer warm. Hier wird’s kalt + weihnachtlich. Aaron trägt stets einen Nordmannstannenzweig im Halsband. Wir denken viel an euch, ihr Lieben und wünschen euch weiterhin erfüllte Tage im fernen NZ. Eure Moories

    • tja, wat son ordentlichen Kluchschieter is, nä???

      Aber mal in Ernst: sieht doch besser aus, wenn ich da was hinschreiben tu als wie wenn ich ??? setzen tu ???

  5. Hej,
    Dritter! Ein 2-Meter-Aal – und ihr habt kein Foto von ihm online gestellt????? Ächz! Ich wusste von den neuseeländischen Forellen (eigentlich alles britische Forellen, haben die Kolonialherren und -damen zur kolonialherrschaftlichen Beschäftigungstherapie mitgebracht), aber 2-Meter-Aale, da entfleucht mir nur ein „Uff“.
    Weiterhin gute Reise und viel Spaß! (und wenn euch der nächste Aal begegnet, bestellt einen schönen Gruß von mir…).
    Holger

  6. Zweite! Ja genau! Kann es kaum erwarten…
    Hier ist alles glitzernd und adventlich, habe einen supertollen Adventskranz selber gebunden, Schöne Adventskonzerte und Kunsthandwerkermärkte, Glühwein (vom Estlandstand am Koberg) und warme Muzen locken in die Stadt… Zur Abwechselung ist es sogar mal sonnig und schön.
    Liebe Grüße, Doro

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