Durch den Kimberley NP nach Derby

Zwei aufregende Wochen mit gleich mehreren Highlights und Begegnungen mit netten Menschen.

 

Ich beginne unsere Erzählung mit dem Überfahren der Staatsgrenze von Nothern Territory nach West-Australia:

es gibt eine Broschüre, in der alle verbotenen Lebensmittel beim Wechsel in einen anderen Bundesstaat aufgelistet sind: keine Südfrüchte, kein frisches Gemüse, keine Walnüsse in Schale, kein Honig etc. An den bisherigen Grenzen befanden sich entsprechende Hinweisschilder – ohne dass kontrolliert wurde.  Sorglos fuhren wir los.

“Ihr müsst hier besonders aufpassen! Hier wird gnadenlos kontrolliert, wenn es sein muss sogar mit Hunden”, so die Aussage eines australischen Ehepaares am Vorabend auf unserem Übernachtungsplatz. Unsere Schätze: 1 Sack Mandarinen, 6 Bananen, 4 schöne dicke Zitronen, 6 Limetten, 2 Schachteln Cocktailtomaten, 1 Tüte vorgewaschener Rucola-Salat, 1 Tüte mit 8 Äpfeln, 9 Kartoffeln, 7 Zwiebeln, 1 Butternusskürbis, 2 Knollen Knoblauch und 1/2 Glas Honig und noch 45 km bis zur Grenze! Oje…

Der nächste Morgen gestaltete sich wie folgt: Reiner schälte die Kartoffeln (wurden zu Brei verarbeitet und eingefroren), pellte die Zwiebeln (wurden gebraten und im KS gelagert), ich schnibbelte die Äpfel (wurde zu gekochtem Mus), presste sowohl die Zitronen als auch die Limetten aus und veredelte den Saft mit Honig, machte aus dem Rucola und den Tomaten einen Salat (leider ohne Zwiebeln, die waren in der Eile alle gebraten worden Trauriges Smiley ), entfernte die Schale der Mandarinen und verstaute die gepellten Stücke im KS und die 6 Bananen aßen wir gemeinsam auf. Kürbis und Knoblauch hofften wir mitführen zu dürfen – leider falsch gedacht. Der kontrollierende Grenzpolizist war aber sichtlich beeindruckt von unserer Vorratshaltung und wünschte uns sehr freundlich einen angenehmen Aufenthalt in West-Australien!

Die Kimberleys: das gesamte Gebiet ist so groß wie die Schweiz und Deutschland zusammen und es leben hier etwas mehr als 30.000 Menschen. Es gilt als die  unerforschteste Gegend ganz Australiens, wo sich einige der aboriginalen  Ureinwohner wieder auf ihre Traditionen besinnen und ins Landesinnere zurückkehren.

2 Routen durchqueren dieses unbewohnte Land von Ost nach West (oder umgekehrt) : 1 interessante, ca. 700km lange Offroadpiste für Allradfahrzeuge und 1 etwa 1000km langer, eher langweiliger Highway. Letzteren haben wir gewählt…

Erste Station war Kununurra. Wir quartierten uns für ein paar Tage auf einem der 2 Campingplätze ein und buchten für den kommenden Tag einen 2-stündigen Rundflug in einer kleinen Maschine mit 6 Sitzen. Wir waren um 13.oo Uhr mit dem Piloten verabredet, die Vorfreude war groß und kurz vor Aufbruch fiel mir ein, dass es vielleicht sinnvoll wäre, die Uhrzeit genau zu checken. Zwar sind wir im Besitz eines funktionstüchtigen Weckers, 2 Handys und einer Armbanduhr, was aber nicht weiterhalf, da  sich  alle nicht auf eine Uhrzeit einigen konnten. Welche Uhr ging jetzt richtig: der Wecker? So hätten wir noch eine 1/2 Stunde Zeit bis zum Aufbruch, war es aber so spät wie eines der Handys anzeigte, wäre der Pilot bereits seit 1 Stunde in der Luft –  ohne uns. Die Armbanduhr war stehengeblieben und beim 2. Handy der Akku leer. Zum Glück gab es in Kununurra eine hervorragende Internetverbindung und siehe da: an der Bundesgrenze auch Zeitzone überschritten! Statt 13.oo Uhr war es hier erst 11.30 Uhr! Hurra! 1  1/2 Stunden gewonnen.

Der Rundflug war super toll. Wir überflogen den Argyle Lake, der  – aufgestaut – tiefblau  die Täler der Wüstenlandschaft füllt, danach die Bungle Bungle Ranges, eine Hügelkette aus orange-schwarz gestreiften Sandsteindomen, die aus der Luft aussehen wie Bienenkörbe. Anschließend überflogen wir die Argyle-Mine, die größte Diamantenmine der Welt, wo auch die seltenen rosa Diamanten geschürft werden, eine Viehfarm mit ca. 25.000 Tieren und im Norden den Ord-River mit seinen 5 Zuflüssen bei Wyndham. Ein unvergessliches Abenteuer!

Wir trafen das Paar Ulli und Greg wieder, wenn man die gleiche Richtung hat, trifft man sich immer mal wieder auf einem der Übernachtungsplätze, und klönten einen ganzen Abend lang. Ulli ist aus Deutschland und ist dem Greg vor vielen Jahren nach Australien gefolgt. Auch Greg, der deutsche Wurzeln hat, spricht perfekt unsere Sprache, so dass es mal wieder ein Vergnügen war, einfach drauf los zu plappern ohne groß im Kopf übersetzen zu müssen oder konzentriert zuhören zu müssen.

Weiter auf dem Great West Highway über Halls Creek, wo wir eine “chinesische Mauer” suchten und ein kleines Mäuerchen aus Sandstein fanden (aber trotzdem nett), und anschließend nach Fitzroy Crossing kamen. Ein Abstecher von 18 km auf Schotterpiste führte zu der sehr sehenswerten Geikie Gorge, Teil eines ca. 300 km langen Barrier Riffs aus dem Zeitalter des Devons (vor 350 Mio. Jahren). Damals war das gesamte Gebiet von Meerwasser bedeckt und die Kalkablagerungen, nach Rückzug des Wassers geformt durch Regen und Wind,  führten zu dem heutigen Devonian Great Barrier Reef.

Ein sehr schöner Übernachtungsplatz mitten in der freien Natur ist die Mary Pool Rest Area. Unter schattenspendenden Bäumen am gleichnamigen Flüsschen gelegen, hat man den ganzen Tag mit Vögel- oder Krokodilbeobachtungen zu tun. Oder man sitzt einfach und unterhält sich bei selbstgebrautem Schnaps mit einem Ehepaar, das vor 18 Jahren aus Holland nach Australien ausgwandert ist. Von diesen beiden haben wir viele Tipps und Hinweise auf schöne Stellplätze oder interessante Touren bekommen!

Nun sind wir in Derby an der Westküste. Ein kleines Städtchen, bekannt durch seinen enormen Tidenunterschied von 10-11 Metern (normal), dem “Boab Prison Tree”, ein Affenbrotbaum, dessen ausgehöhlter Stamm früher als Übernachtungszelle für Gefangene auf dem Weg nach Derby genutzt wurde und seinen Ausflugszielen: Windjana Gorge und Tunnel Creek. Beides gehört zu dem oben beschriebenen Devonian Great Barrier Reef. Für uns ein absolutes Highlight: wir buchten eine von einem Aborigine geführte Tour, der uns während der 10-stündigen Rundreise, der Wanderung durch die Schlucht (Windjana) und durch die z.T. mit knietiefem Wasser gefüllten Höhle (Tunnel Creek, 700 m lang) die Geschichte des Jandamarra erzählte, die ich jetzt auch in kurzen Sätzen wiedergeben möchte:

Jandamarra, ein Junge des Bunuba Stammes, wuchs auf verschiedenen Farmen auf, wurde Viehtreiber und Schafscherer und freundete sich mit einem weißen Polizisten namens William Richardson an. So wurde er inoffizieller Fährtenleser, hielt aber immer Kontakt zu seinem Stamm. Eines Tages wurde eine Gruppe seines Stammes wegen ihres Widerstandes gegen die weiße Bevölkerung festgenommen und Jandamarra gehörte zu den Bewachern, ebenso wie Richardson. Seine Leute überredeten ihn (lt. unseres Guides mit Singen) sie alle freizulassen. Er konnte nicht widerstehen, musste seinem Herzen folgen und erschoss seinen Freund im Schlaf. Damit befreite er seine schwarzen Freunde und galt von nun an als Held der Widerstandsgruppe. Bei einer Schießerei wurde er schwer verletzt, konnte aber in den Tunnel Creek flüchten und so am Leben bleiben. Sein Ruf war legendär und man glaubte, dass ihn lediglich ein anderer mythischer Aborigines Krieger besiegen könnte, was dann auch 3 Jahre später durch einen ebenfalls schwarzen Fährtenleser “Micki” geschah.

Unser Führer, Jimmy, erzählte, dass früher die ersten Siedler und die Ureinwohner friedlich miteinander gelebt hätten bis die Zeit kam, wo die Weißen die Schwarzen als billige Arbeitskräfte benutzten,  junge Mädchen vergewaltigten, junge kräftige Männer von ihren Stämmen verschleppten  “um für Ruhe und Ordnung zu sorgen” und anfingen, von ihren Schusswaffen Gebrauch zu machen. Erst dann setzte der Widerstand der schwarzen Bevölkerung ein.

Heute hat sich  Jimmy für einen Austausch von Studenten aus Melbourne und Leuten aus seinem Stamm eingesetzt, bringt seiner Großfamilie Land- und Viehwirtschaft bei (hat er selbst auf einer Missionsstation gelernt), führt Touristen durch sein Land und wirbt auf diese Weise für ein verständnisvolles Miteinander. Wir sind von ihm und seinem Engagement sehr beeindruckt!

Und nun – wie immer – ein paar Fotos:

kurz vor Kununurra beginnt die Gegend der Boab Trees, auch Flaschenbaum genannt  (eine Art Affenbrotbaum)ziemlicher Buschbrand, noch ca. 20km entferntRundflug über Lake Argyle, Bungle Bungle Ranges (Purnululu NP), Ord RiverRundflug über Lake Argyle, Bungle Bungle Ranges (Purnululu NP), Ord RiverRundflug über Lake Argyle, Bungle Bungle Ranges (Purnululu NP), Ord RiverArgyle Diamond Mine,hier werden in großem Stil ua. die seltenen rosa Diamanten abgebautRundflug über Lake Argyle, Bungle Bungle Ranges (Purnululu NP), Ord RiverRundflug über Lake Argyle, Bungle Bungle Ranges (Purnululu NP), Ord RiverRundflug über Lake Argyle, Bungle Bungle Ranges (Purnululu NP), Ord Riverwo Wasser in den Wüstensand fließt, bilden sich skurrile MusterLandwirt mit Sinn für Farben und Musterauf dem Weg zur "Chinesischen Mauer" in Halls CreekUlli, Greg und ReinerMary Pool, Rest Area, GWH, aboriginale Zeichnung auf einem SteinReiner bei seiner Lieblingsbeschäftigung: Garage aufräumenGeikie Gorge, Fitzroy Crossing, GWHGeikie Gorge, Fitzroy Crossing, GWHreflektierende Wellen, Geikie Gorge, Fitzroy Crossing, GWH"Knollentermitenbauten" und entsorgtes Fahrzeugwiderstandsfähige KüheHans, der nichts zu lachen hatBoab Prison Tree, DerbyBohrturm, 322m tief, 120m lange Viehtränke für 500 Tiere, von 1910unser Tourbus zur Windjana Gorge und Tunnel CreekJimmy, unser aboriginal Guide, beim Entfachen des Feuers, dessen Rauch böse Geister und Gedanken verscheuchen sollWanderung durch die Windjana GorgeWindjana Gorge: Einfangen der Süßwasserkrokodile zum Wiegen, Vermessen und GeschlechterbestimmungWanderung durch die Windjana GorgeWanderung durch die Windjana GorgeJimmy erzählt uns die Geschichte von JandamarraEingang zum "Tunnel Creek", 750m langer Gang durch Felsen, teils durch knietiefes WasserWanderung durch "Tunnel Creek""Willy Willy", plötzlich aufgetretener Tropenwirbelsturmunsere Truppe   Sonne und nun noch ein Foto, das eigentlich zum letzten Blog gehört, ich euch aber nicht vorenthalten möchte:

    Sonne  Sonne  Sonne

6 Gedanken zu „Durch den Kimberley NP nach Derby

  1. Hallöle nach AUS! Danke für die Teilhabe, die tollen Fotos und interessanten Texte!
    Hattet Ihr keine Angst vor Krokodilen im knietiefen Wasser?
    Habe gleich mal nach dem Boab (afrik.: Baobab) gegoogelt: der gehört zu den Malvengewächsen, wer hätte das gedacht?
    Gute Fahrt und nette Leute weiterhin,
    Knutscher von Doro

    • In der Diamantenmine – so furchtbar sie auch aussieht – würde ich auch gerne mal mit buddeln… 🙂

    • In der Diamantenmine – so furchtbar sie auch aussieht – würde ich ja gerne mal mit buddeln… 🙂

    • Adansonia gregorii, Wiki machts möglich. Mir war auch so, als hättest du „eure“ Flaschenbäume ganz ähnlich genannt!
      Hatten keine Angst vor den Krokodilen, weil wir annahmen, dass in der Schlucht keine seien. Auf dem Rückweg schwamm ganz gemächlich ein Freshy (also für uns relativ ungefährlich) an uns vorbei.
      Während dieser Wanderung unseren ersten Waran gesehen. Wahrscheinlich ein kleiner Buntwaran: schwarz mit gelben Punkten. Fotos sind nur leider nicht so scharf geworden, hatte die falsche Kamera…

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