Nun sind die 3 Wochen schon vorbei, auf die wir uns so gefreut haben. Gestern haben wir meine Schwester Dorothea ( Doro) und ihren Mann Hans-Jürgen (Hanni) verabschiedet und haben heute schon Nachricht von ihrer wohlbehaltenen Ankunft in Deutschland erhalten. Unser Neffe Lars mit seiner Frau Daria (Dascha) ist bereits vor 3 Tagen abgeflogen und ebenfalls problemlos in seiner Heimatstadt angekommen.
Und wir stehen heute Abend auf einem LKW-Rastplatz irgendwo zwischen Kazan und Nischni Nowgorod, haben uns eine mit russischen Würstchen verfeinerte Erbsensuppe aus der Dose erwärmt und arbeiten ein wenig am Computer. Reiner hat sich eine Erkältung zugezogen; wir hoffen, dass es bei dem Schnupfen bleibt und nicht noch schlimmer wird.
Doro hatte sich hervorragend vorbereitet auf den Aufenthalt in Kazan und Umgebung; schon Wochen vorher hat sie das Internet befragt nach Sehenswürdigkeiten und Aktivitäten, so dass es nicht schwierig war, die Tage mit interessanten Dingen zu füllen. Lars und Dascha durften in der Wohnung ihrer Cousine wohnen, während meine Schwester und Mann in unser Wohnmobil mit einzogen. Zugegeben, anfangs hatten wir 4 einige Schwierigkeiten mit der neuen Situation zurecht zu kommen, aber nach ein paar Tagen hatte sich die morgendliche Reihenfolge im Bad oder das Zurechtrücken des Tisches für das Frühstück eingespielt, auch wurde nicht mehr darüber gestritten, wer den Abwasch tätigen durfte und so vergingen die Tage in Windeseile. Oftmals unternahmen wir Ausflüge und Besichtigungen zu 6, wobei wir unendlich froh waren, dass Dascha russisch spricht und als Übersetzerin fungierte. Manchmal – besonders wenn es darum ging eine Speisekarte zu entziffern – hatte sie ihre liebe Mühe mit uns! Aber sie hat das wunderbar gemeistert und wir sind ihr sehr dankbar!
Sehr nett und interessant war der Besuch bei Daschas Familie auf deren Datscha außerhalb von Kazan mitten im Grünen. Wir wurden fürsorglich bewirtet, Natascha kochte und grillte viele Leckereien, dazu gab es Gemüse aus dem eigenen Garten und Viktor versorgte uns mit Schnaps aus Meerrettich (!!) oder Kräutern. Lecker! Leider war auch hier die Verständigung schwierig, so dass Dascha voll gefordert wurde. Wie immer wenn es besonders schön ist, verging auch hier die Zeit viel zu schnell…
Und nun ein paar Fakten zu Kazan:
Sie ist mit knapp 1,2 Mio. Einwohnern die 6. größte Stadt Russlands und die Hauptstadt der Republik Tatarstan. Die Stadt liegt an der Wolga und ca. 800km östlich von Moskau und ist ein wichtiges Zentrum des russischen Islams. Bis auf wenige ethnische Minderheiten (Russlanddeutsche, Juden, Tschuwaschen) besteht die Bevölkerung fast zur Hälfte je aus Tataren und Russen. Vor mehr als 1000 Jahren wurde die Stadt von Wolgabulgaren gegründet, danach von der “Goldenen Horde” (Mongolen) überfallen und eingenommen, im 16. Jh. ebenfalls von den Russen. Etliche Feuer zerstörten immer wieder die mehrheitlich aus Holzbauten bestehende Stadt, bis Katharina II sie in einer Mischung aus östlicher und westlicher Architektur aus Stein wieder aufbaute.
In der Stadt bestand das Kriegsgefangenenlager 119 für deutsche Kriegsgefangene des Zweiten Weltkrieges.
Der Kazaner Kreml gilt als einer der schönsten seiner Art und wurde deshalb in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. In direkter Nachbarschaft stehen dort die russisch-orthodoxe Mariä-Verkündigungs-Kathedrale und die islamische Kul-Scharif Moschee. Um den (schiefen) Turm der Sujumbike rankt sich eine kleine Legende: Sujumbike war die letzte Herrscherin von Kazan und die schönste und klügste Frau im ganzen Land. Das hörte Ivan IV. (auch der Schreckliche genannt) und hielt um ihre Hand an. Doch vergebens: sie gab ihm einen Korb. Erst als Ivan IV. vor den Toren der Stadt stand gab sie ihm das Ja-Wort, nachdem sie ihm eine Aufgabe gestellt hatte. Er sollte in 7 Tagen einen Turm bauen, der die ganze Stadt überragt. Als dieser fertiggestellt war bat sie ihren Mann hinaufsteigen zu dürfen um sich von ihrer Stadt zu verabschieden. Oben angekommen stürzte sie sich dann in den Tod. Soweit die Legende! In Wahrheit wurde sie nach Moskau verschleppt und starb dort wenig später.
Es wäre zu viel des Guten, wenn ich alle Denkmäler, Sehenswürdigkeiten, Kirchen, Kathedralen oder Moscheen aufzählen oder eigens erwähnen würde, die wir uns in der Zeit angesehen haben. Allerdings müssen die Orte Bolgar (mit dem Auto ca. 200km von Kazan entfernt) und Swijaschsk (ca. 60km entfernt) besonders erwähnt werden. Nach Bolgar sind wir auf der Wolga mit einem Tragflächenboot in 2 Stunden gefahren, die Halbinsel Swijaschsk haben wir per Auto besucht. Das heutige Bolgar steht innerhalb der noch großenteils erhaltenen Walllinien der alten Wolgabulgaren-Hauptstadt Bolgar, von welcher Türme (am besten erhalten der sogenannte Misgir-Turm) und Mauerreste übrig sind. Der historische und archäologische Komplex gehört seit 2014 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Sehr sehenswert das russische “Taj Mahal” die weiße Moschee aus Marmor. Swijaschsk ist eine Klosterinsel, deren Gebäude während der Sowjetzeit als Gefängnis und später als Umerziehungslager genutzt wurden. Erst in den 1990-igern wurde eine psychiatrische Klinik geschlossen und die Kirchen restauriert. Ein kleiner Teil der Insel wurde in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen (Mariä-Himmelfahrts-Kathedrale und Kloster).
Ich werde jetzt so viele Fotos wie möglich in den Blog stellen, leider gab es bei den letzten Versuchen ein paar Pannen. Es sind ein paar Handy-Fotos dabei, bitte nicht über die Qualität meckern!