Hallo, meine Lieben!
Nach gefühlt langer Zeit kann ich mich mal wieder melden!
Keine Sorge, es ist alles in Ordnung!!!
Wir sind jetzt nach unglaublich anstrengenden Fahrten in Kyzylorda angekommen, haben uns ein Hotel mit Klimaanlage gegönnt und gehen heute den ganzen Tag nicht nach draußen. D.h. kleine Einschränkung: wir haben all unsere Wäsche (Bettzeug, Handtücher, Jeans etc.) dem freundlichen Hotelpersonal überlassen (mal sehen, ob sie später noch immer so freundlich sind…Hier in dieser Gegend keine Frage des Trinkgeldes, wäre einfacher). Und Reiner guckt gerade im Wohnmobil, warum die Klimaanlage nicht zusammen mit dem Wasserkocher laufen kann, obwohl richtiger externer Strom!
Aber nun zur Fahrt:
In Atyraw wollten wir unseren Anhänger reparieren lassen. Reiner hatte abends in einem Biergarten (zusammen mit dem Russen Maxim) einen Schotten kennengelernt, der seit 20 Jahren hier wohnt, hier verheiratet ist und sich sehr wohl fühlt. Der versprach, am folgenden Tag würde er sich unseres Dilemmas annehmen. Was soll ich sagen? Der einzige echte Europäer, den wir bisher trafen, hat uns sitzen gelassen!!! Den ganzen Tag hat er uns hingehalten, versprochen, sich telefonisch zu melden usw.
Wir haben die Zeit gut genutzt und eine Stadtbesichtigung gemacht. Als unser Ärger immer größer über die Unzuverlässigkeit dieses Shawn wurde, haben wir unseren Groll mit 2 riesen Bieren heruntergespült (wir standen mit unserem Auto ja immer noch mitten in der Stadt) und sind am nächsten Morgen – immer noch mit zusammengeschnürtem Anhänger weitergefahren. Die direkte Strecke nach Aktöbe wurde uns nicht empfohlen, also haben wir einen Umweg von ca. 500km über Oral(sk) gemacht, uns die Stadt aber nicht angesehen sondern lieber noch ein paar 100 km weitergefahren in der Hoffnung, einen akzeptablen Stellplatz für die Nacht zu finden. Erst als es schon lange dunkel war (23.ooh) fanden wir einen gesicherten LKW-Platz.
Nächster Tag in Aktöbe:
Wir hatten keine Tomaten mehr! Das war deswegen schlimm , weil diese zu unseren Grundnahrungsmitteln gehören: Weißbrot, Tomaten, alte Salami von zu Hause (igitt) und Gummikäse. In unserem Kühlschrank befinden sich außerdem noch: ein alter Joghurt, jede Menge Butter (man weiß ja nie, wann man welche kaufen kann! In Russland ist Butter knapp), ein Stück mit Knoblauch gespickter Speck (am Anfang ganz lecker, jetzt mögen wir ihn nicht mehr so wirklich), eine Flasche Martini bianco, eine Tüte voll kleiner grüner Gürkchen (nicht größer als unsere zum Einlegen, dafür aber super lecker), 8 Eier, eine schwarzangelaufene Banane und zwei Flaschen Bier. Ach ja, und Reiners Milch für den Kakao…Es stehen auch immer 3 Flaschen gekühltes Wasser bereit, die wir aus einem großen 3 bzw. 5 L-Pott abfüllen. Tja, da fehlt dann schon was, wenn die Tomaten aus sind. Es gibt hier in Kasachstan kaum frisches Obst oder Gemüse! Das sind alles Fleischesser. Doro würde sich hier super wohl fühlen, gelle? Zu meinem Glück gibts überall Halva! Das kann ich morgens, mittags und abends essen – solange die Hosen noch passen!!!
Wir hielten also vor einem Supermarkt, der von außen versprach, Tomaten zu führen, als wir von 2 jungen interessierten Männern angesprochen wurden. Reiner hat die Chance genutzt und nach einem Baugeschäft oder ähnlichem gefragt (Anhänger!) und die beiden haben sich sofort – mit uns im Schlepptau – aufgemacht zu ihrer Autowerkstatt. Noch während wir auf dem Parkplatz standen, fuhr ein dicker Toyota Landcruiser vor und dessen Fahrer lud uns zu einem Abendessen nach kasachischer Art zu sich nach Hause ein. Das war eine so spontane Sache, dass wir gar nicht wussten, was wir sagen sollten. Der Mann hatte uns noch nie gesehen! Und reden konnten wir auch nicht mit ihm. Einer der beiden jungen Leute musste dolmetschen! Na, da stand uns ja was bevor!
In der Werkstatt hat man eine Weile gerätselt, sich dann aber für eine Lösung entschieden, schnell Ersatzteile besorgt, geschmirgelt und geschweißt und nun ist alles super in Ordnung. Geld oder anderes Dankeschön wurde strikt abgelehnt! Ganz komisches Gefühl für uns, wo wir doch immer mit Geld alles regeln…
Abends bei der, uns völlig fremden Familie: er= gut verdienender Bauingenieur (sah man am tollen Haus und den beiden(!!) Landcruisern vor der Tür), nette Kasachin als Frau und Mutter von 4 Kindern. Das kasachische Abendessen bestand aus Kohlrouladen “wie bei Muttern” und unglaublich viel Süßem auf dem Tisch. Zu Trinken gabs gesüßten und gemilchten Tee und den Sud aus eingelegten Tomaten. Aber interessant war der Abend schon und mit der Frau konnten wir uns auch ein wenig unterhalten (englisch). Glücklicherweise haben wir in D vorgesorgt und Gastgeschenke mitgenommen: in Celle (Partnerstadt von Tjumen) gibt es Deutschlandbildbücher (-bände wäre übertrieben) auf russisch! Das kommt hier prima an!
Tomaten haben wir an dem Abend nicht mehr bekommen.
Am nächsten Tag sind wir weiter Richtung Aralsee.
Ich wollte unbedingt den verschwindenden See sehen, bzw. die Schiffsleichen auf dem Sand, wo früher mal Wasser war. Lt. Reiseführer haben die Sowjets vor rund 150 Jahren einen der großen Zuflüsse dermaßen beschnitten und durch Kanäle das Wasser entzogen, dass jetzt nur noch ein Minimum des Originalsees übrig ist. Total versalzen, es gibt kein Lebewesen mehr im Wasser. Und die Wasseroberfläche reicht bei Weitem nicht mehr aus, um bei der Verdunstung Regenwolken entstehen zu lassen. Also hat sich massiv das Wetter verändert! Daher ist diese Gegend so besonders heiß und trocken.
Aber aus unserem Vorhaben wurde nichts weil der Weg zur jetzigen Küste, 74km vom Aral (Ort) entfernt (hat ursprünglich vom Fischfang gelebt), für unser Fahrzeug nicht zu bewerkstelligen war.
Übrigens: für die Geschichtenleser unter uns: es gibt ein Märchen von Tschingis Aitmatov “Der Tag zieht den Jahrhundertweg”. Darin gehts um einen Fischer un sin Fru…
Dafür hatten wir in Aral eine nette Übernachtungsmöglichkeit: eine einheimische Omi hat uns zu sich auf ihren Hof eingeladen (für 1,50€). Das war für Reiner eine echte Herausforderung! Siehe Bilder!
Und Baikonur wollten wir uns ansehen. Die Weltraumstation “Kosmodrom”, von der aus ua. Juri Gagarin und Thomas Reiter ins All geschossen wurden, ist eine russische Enklave und nur mit einem lange im Voraus beantragtem Extra-Visum zu besuchen. Schade, nun wollten wir denen mal was abgucken…
Tja, und nun sind wir in Kyzylorda (auf unserer Straßenkarte steht Qizilorda), die Straßen hierher waren grausig – noch! Im ganzen Land wird gebaut, gebaut und gebaut! Überall hängen übergroße Plakate was bis 2050 alles erreicht und geschafft werden soll.
Auf dem Weg hierher haben wir ein Denkmal von Khorkhyt Ata besichtigt: das war ein Gelehrter, Philosoph und Musiker im 9. Jahrhundert. Aus Angst vorm Tod …(längere Geschichte) hat er ein Musikinstrument erfunden: das oder die (?) Kobyz. Ein Ding zwischen Violine und Gitarre. Die Legende besagt, dass die Musik seit der Zeit gegen den Tod ankämpft. (Hört sich auch wunderschön an. Will versuchen, eine CD zu bekommen)
Schon im Reiseführer hat sich unser jetziges Hotel angeboten: saubere, renovierte Zimmer, freundliche Bedienung und WÄSCHESERVICE! Sind gestern Abend in ein Restaurant gegangen, das für seine Schaschliks berühmt sein soll. Naja, hatten schon Bessere unterwegs. Aber der Cäsar Salat (der in Kasachstan öfter mal angeboten wird – weiß der Fuchs, wo die einkaufen) war hervorragend!
So, habe soeben die Klimaanlage ausgeschaltet, weil ich wunderbarerweise kalte Füße bekam…
Jetzt guck` ich mal, ob ich noch ein paar Bilder für euch hab und dann verabschiede ich mich für heute! Übrigens: ich bin immer ganz gespannt darauf, wer den blog liest und kommentiert! Vielen Dank an alle dafür!
Ps.: bevor Kritik kommt: ich weiß, auf dem einen Bild hat der junge Mann seine Augen zu und auf dem Foto mit dem Khorkhyt-Denkmal ist mein Schatten mit drauf. Ärgere mich selbst!!!