Jeder hat schon von ihm gehört und alle wissen:
irgendwo in Sibirien gelegen fährt man an ihm vorbei, wenn man mit der Transsibirischen Eisenbahn unterwegs ist,
irgendwann hat man (beim Arzt oder Frisör?) in einer Reise- oder Naturzeitschrift über ihn gelesen,
irgendwelche Familien haben seinerzeit das Überleben zu ortsüblichen Bedingungen auf der größten Insel geprobt (kam im Fernsehen)
irgendjemand kennt irgendeinen, der schon einmal hier war…
Und irgendwie sind wir hierher gekommen!!
Naja, irgendwie passt nicht ganz, denn die ganze Fahrt ist ja im Vorfeld ziemlich geplant und durchdacht worden – in der Hauptsache von Reiner!
Kurze Informationen zum See:
Der See ist das größte Süßwasser Reservoir der Welt (20% des Gesamt-Süßwassers) und seit 1996 in die UNESCO-Liste des Weltnaturerbes aufgenommen. Er ist mit 1642m der tiefste und mit mehr als 25 Mill. Jahre der älteste Süßwassersee der Erde. Seine Wasseroberfläche ist so groß wie Belgien und etwa 3/4 der über 1000 Tier- und Pflanzenarten sind endemisch, kommen also ausschließlich hier vor! Die Durchsichtigkeit des Wassers beträgt etwa 40m!!!
Wir sind also von Irkutsk, übrigens ein Städtchen, dass sich lohnt zu besuchen (wie im letzten Beitrag kurz beschrieben), zuerst nach Norden gefahren. Nach ca. 240km erreichten wir unser Ziel: ein kleines Örtchen direkt an der Westküste des Sees namens Sachjurta. Von hier aus wollten wir auf die größte Insel des Baikals: Olchon. Von dieser Insel haben wir gehört, dass sie befahrbar sein solle, sehr abwechslungsreiche Landschaften zu bieten habe und ein Haupttreffpunkt aller Schamanen im ganzen Umkreis sein solle. Schon während der Anfahrt hierher waren Hügel oder abgezäunte Stätten (Pilger-?, Opfer-?) zu sehen, die mit den inzwischen vertrauten Gebetsfahnen oder Tierabbildungen unsere Aufmerksamkeit erhielten.
Aber: mal wieder fehlgeplant! Freudig erregt standen wir an der Kaimauer des kleinen Hafens und warteten mit vielen anderen Reisenden auf das Anlegen der Fähre. Inzwischen hatte sich eine Autoschlange von mindestens 100 Fahrzeugen gebildet. Die Fähre legte an und die mitgebrachten Autos fuhren herunter – rückwärts! Wie wir später herausfanden: es funktionierte nur eine der beiden klappbaren Fahrbahnen der roro-Fähre (roll on, roll off), die andere Seite war seit Jahren nicht benutzt und die Gelenke und Scharniere schon mehrfach übergestrichen worden! Das war also die erste Erschwernis, wäre aber noch praktikabel gewesen. Das endgültige Aus für eine Überfahrt war mal wieder die Länge unseres Fahrzeuges. Die sehr schräge Auffahrt hätte ein Aufsetzen unseres Hinterteils verursacht, sowohl beim Rauf- als auch beim Runterfahren.
Wir haben uns also kurzerhand entschlossen, auf der Festlandseite zu bleiben und es uns hier ein paar Tage schön zu machen. Schnell fand sich ein geeigneter Platz direkt am Wasser und nach langer Zeit (!) ließen wir die Markise herunter und stellten Tisch und Stühle draußen auf! Wie herrlich! Umgeben von kleineren Hügeln konnten wir die Tage mit Wandern, Müßiggang und Essen genießen. Wir lernten nette Menschen kennen: Sascha mit einer großen Freundestruppe, der auf dem Weg nach Olchon war und uns zum Omul-Essen einlud! Omul ist ein Lachsfisch, den es ausschließlich im Baikalsee gibt und hervorragend schmeckt, besonders wenn er, wie in diesem Fall, frisch geräuchert aufgetischt wurde. Das war ein schöner Abend mit Lagerfeuer und Gitarrenmusik, beinahe wie in den frühen Jahren meiner Jugend.
Eines Morgens, wir waren noch im Nachthemd, klopfte es an unserer Tür und ein freundlicher Herr begrüßte uns mit :”guten Morgen”! Hinter ihm erschien seine Familie mit einem befreundeten Ehepaar. Wir zogen uns schnell etwas über und freuten uns, nach vielen Wochen endlich einmal wieder deutsch reden zu können! Thorsten, seine russische Ehefrau Irina und Tochter Anna aus Hamburg besuchten Irinas Heimat, erzählten uns ein bisschen, gaben gute Tipps und zu guter Letzt boten sie uns ihre Übersetzungshilfe an. Vielen Dank noch einmal dafür an dieser Stelle!
Beinahe jeden Tag bekamen wir Besuch von einem Tschechen, der hier mit einer Einheimischen verheiratet ist. Er sprach sehr gut Englisch und konnte uns ein paar gute Hinweise geben.
Wir genossen die Zeit am See, trotz der vielen Touristen hatten wir einen ruhigen Platz und so fiel es uns nicht schwer, ein paar Tage unser Fahrzeug nicht zu bewegen!
Unser zweites Ziel am Baikal war Listvjanka. Ca. 70km von Irkutsk entfernt, liegt dieser Badeort direkt an der Mündung der Angara in den See. Mündung ist nicht das richtige Wort: die Angara ist der einzige Fluss, der aus dem See abfließt! Mehr als 330 Zuflüsse sorgen dafür, dass der See jedes Jahr um ca. 2cm wächst!
Dieser Ort ist der Lieblingserholungsplatz der Irkutsker (es müssen aber noch viel mehr Menschen aus der umliegenden Gegend gekommen sein…), die Straßen sehr eng, die Fahrer ziemlich rücksichtslos – zum Glück gilt das Recht des Stärkeren! – und es herrscht Jahrmarktstimmung. Drei Tage haben wir den Trubel “genossen”, sind in den umliegenden Wäldern spaziert und haben uns eine ziemlich teure Schiffstour über den See verkniffen, was uns aber nicht besonders leid tut. Der Baikal hat uns sooo viele Schönheiten offenbart, auch von Land aus, dass es uns nicht schwer fiel, darauf zu verzichten – unserem strapazierten Geldbeutel zu Liebe! –
Auf jeden Fall ist der See um ein Vielfaches schöner und interessanter als man von der Eisenbahn aus sehen kann! Wir raten immer dazu, hier Station zu machen und Irkutsk und den Baikal genauer kennen zu lernen! Es lohnt sich!













































