Auf dem Weg nach Taraz.
Unser Hotelaufenthalt in Kyzylorda hatte nach 2 Tagen ein Ende, klingt schlimmer als es war! Haben uns sogar auf unsere kleine Wohnung wieder gefreut!
Auf den riesen Wäscheberg mussten wir allerdings noch ein paar Stunden warten – etwas feucht haben wir dann alles im Womo ausgebreitet und sind losgefahren in Richtung Taraz.
Im – inzwischen ziemlich abgegriffenen- Reiseführer steht beschrieben, dass eine gut erhaltene Festung aus dem 10. Jahrhundert leider nicht leicht zu finden sei. Man müsse die Hauptstraße verlassen, an dem Ort Sauran vorbei, den Schildern aber nicht folgen… usw.
Schade, dachten wir noch, als wir unweit unseres Weges (Straße können wir das leider nicht nennen) in ca. 500m Entfernung offensichtlich alte Mauerreste in den Hügeln sehen konnten. Sogar eine asphaltierte Abzweigung mit einer Parkbucht am Ende – wer hätte das gedacht! Und zu unserem Glück kam dazu, dass wir die Ruhe (keine Menschenseele in der Nähe) und den Frieden, den dieser Ort ausstrahlt, in einer wunderbaren Abendstimmung genießen konnten.
Früher soll hier eine Stadt mit 7 Schutzwällen gestanden haben; strategisch gut gelegen, soll sie ein wichtiger Handelsknotenpunkt an der Seidenstraße gewesen sein. Für Mongolen und Dzhungaren beinahe uneinnehmbar.
Gerne hätten wir in dieser Abgeschiedenheit übernachtet, mussten aber weiter, weil inzwischen unser Kühlschrank nicht mehr alleine auf Gas umsprang und wir auf externen Strom angewiesen waren. Das erschwerte die Suche nach einem Schlafplatz ganz gewaltig! Immerhin haben wir Reiners gekochtes Gulasch und andere Leckereien im Eisfach!
Gefunden haben wir einen kleinen Platz, an dem einige LKWs hielten (ist für uns immer ein gutes Zeichen) und auf Nachfragen bekamen wir auch den ersehnten Strom für die Nacht.
Am nächsten Morgen sind wir früh nach Turkestan gekommen, manchmal heißt es auch Türkestan. Eine Stadt aus dem 7. Jahrhundert und heute vor allem bekannt durch den Denkmalkomplex der Grabmoschee für Hodzha Achmed Jassawi, eine der bekanntesten islamistischen Wallfahrtstätten.
Die Moschee selbst ist sehr gut restauriert und trotz der irren Hitze sind wir eine ganze Weile um dieses interessante Gebäude herumgelaufen, haben die Mosaiken auf der einen Seite der Moschee bestaunt oder uns über den angrenzenden Rosengarten gefreut.
All diese Gedenkstätten sind für Touristen kostenfrei zu besichtigen! Geld wird aber dennoch verdient: man bietet ein bunt betuchtes Kamel als Reit-Foto-Gelegenheit an oder posiert seine Familie mal eben hinter einen Pfau…
Dummerweise hat Turkestan auch einen riesigen Basar/Markthallen. Und das zieht Ehepaar Wilke immer magisch an. Also machten wir uns auf weil wir angeblich einen schmalen Stecker suchten…den wir dann auch prompt geschenkt bekamen. Das ganze = 2 Stunden absolutes Schwitzen!!!
In der Ebene des Syrdarja liegen noch einige interessante Ausgrabungsorte, die wir aber alle nicht mit unserem großen Fahrzeug anfahren können. Der Preis für Luxus! (Bin bisher aber sehr froh über die Ausstattung unseres Womos: wir haben Komfortmatratzen!!! Wenn ich an unsere Luftmatratzen denke, die 3x nachts neu aufgeblasen werden müssen, damit sie morgens noch eine Spur Luft enthalten…).
Nächste Station war Shymkent. UNSER ZIEL seit 2000km! Überall, wo wir nach dem rechten Weg fragen mussten (und das war häufig) haben wir nach Shymkent gefragt.
Wie oben schon erwähnt, waren wir angewiesen auf einen Schlafplatz mit Strom! Wir fanden ein “Hotel” direkt an der Straße, daneben eine Autowerkstatt!!! Sie erlaubten uns, Strom zu nehmen, erst der eine, dann der andere, dann gar keiner mehr…Aber immerhin wurde dort unser, in der Zwischenzeit kaputtgerüttelter Generatortank wieder geschweißt. Enttäuscht über den herausgezogenen Stecker (ohne unser Wissen) zogen wir weiter – nach Taraz. Eine echte Chance uns kennenzulernen gaben wir Shymkent nun nicht mehr
Gerne wären wir in das Naturreservat und an den Fluss Aksu gefahren, aber…siehe oben!
Kurz vor der netten, beschaulichen Stadt Taraz liegt der Ort Aischa Bibi. Benannt durch sein Mausoleum gleichen Namens. Dahinter verbirgt sich nicht nur eine gestorbene Frau, sondern auch eine tragische Liebesgeschichte: Der Herrscher von Taraz (Karachan) und die Tochter des Herrschers von Samarkand, Aischa, durften nicht heiraten. Der Vater Aischas hat diese Verbindung verboten. So ist Aischa mit ihrer Kinderfrau losgeritten, nachdem sie sich selbst ein Hochheitskleid genäht hat und wollte zu ihrem Geliebten nach Taraz. Doch knapp vor den Toren, sie wollte sich das Gewandt anziehen, wurde sie von einer giftigen Schlange gebissen und tödlich verletzt. Als Karachan herbeieilte, war kaum noch Leben in Aischa. Ein Priester konnte die beiden eben noch trauen, daher das Beiwort Bibi = verheiratet. Und aus lauter Liebe zu seiner Aischa hat Karachan nie mehr geheiratet!
Ist diese Geschichte nicht herzzerreißend?
Habe ich euch schon zu viel Geschichte(n) erzählt?
Gestern und heute sind wir nun in Taraz. Schon der Weg hierher war herrlich: grün! Felder und Äcker unterwegs und im Hintergrund die schneebedeckten Ausläufer des Tien Shan Gebirges. Und, weil ein anderer Bezirk: fertig ausgebaute Straßen! Ein wunderbares Fahren!
Wir haben uns – weil wir Strom….., ein Hotelhinterhofparkplatz gesucht und am Vordereingang ein Reisebüro gefunden! Wie toll! Wir hatten die 2 Stufen noch gar nicht erklommen und freuten uns – auf deutsch natürlich – über unser Glück, als uns von innen heraus entgegenkam: oh, wie schön. Endlich mal wieder jemand, der deutsch spricht.( So ganz zufällig war die Sache nicht: Reiner hatte in Berlin auf der Reisemesse im Januar d.J. eine Visitenkarte von eben diesem Reisebüro bekommen). So freuten wir uns alle und verabredeten eine Stadtbesichtigung mit Auto und Fahrer nur für uns alleine!!! Das war ganz toll! Wir konnten jedes Wort verstehen und Frau Oralkul war froh, ihre guten Deutschkenntnisse anzubringen.
Sie zeigte uns die Grabmoschee von Karachan ( auch Aulie-Ata, Heiliger Großvater, genannt),den herrlich gelegenen Mausoleumskomplex Tekturmas, eine Ausgrabung einer Karawanserei, eine Moschee und eine russisch-orthodoxe Kirche. Ein 4 Stunden füllendes Programm!
Und kleiner Spaß am Rande: durch das komplette Ein- und wieder Ausschalten des Kühlschrankes ist jetzt alles wieder in Ordnung. Kein externer Stromzwang mehr!
Morgen gehts weiter in Richtung Almati.
So, und nun die Bilder zu den Geschichten.